Speyside – Whisky, Land, Leute
Auf Whisky-Reise von der Speyside durch Schottlands Nordosten
… unterwegs in Whisky-Brennereien in Schottland (ein Rückblick …)
Uns kommt es vor, als wären wir gestern noch durch die „Speyside“ gestreift. Die Eindrücke der unglaublichen Landschaft, die kaum zählbaren Destillen und die Herzlichkeit der Schotten haben sich tief in unser Whisky-Herz gebrannt.
Vom Flughafen Edinburgh ging es geradewegs auf der M90 und A9 Richtung Norden. Über Pitlochy, mit besten Erinnerungen an unsere Märzreise, Dalwhinnie, Carrbridge, Ballindalloch, Craigellachie und Rothes nach Elgin.
Die Destillen am Wegesrand und zu beiden Seiten des River Spey sind so zahlreich, dass wir, um wenigstens noch bei Tageslicht anzukommen, nicht alle besuchen konnten und uns schon mal eine Liste für die nächsten Tage machten um das nachzuholen.
Von Elgin aus starteten wir dann jeden Morgen, natürlich erst nach ausgiebigem schottischen Frühstück, im herrlichen „Pine Guest House“ in die Highlands und an die Küste.
Unzählige Destillerien
Wir hätten Wochen gebraucht um alle Castles, Leuchttürme und Destillen zu besuchen und so waren wir immer mit Höchstgeschwindigkeit (legal selbstverständlich) zwischen unseren angestrebten Hotspots unterwegs.
Von Elgin aus braucht man nur etwas mehr als eine Stunde um an die Ostküste zu gelangen und so sind wir am ersten Tag gleich dorthin aufgebrochen.
Über Keith, mit den riesigen Lagerhäusern von Chivas Regal gleich am Ortseingang und die traumhafte Strathisla-Distillery weiter nach Huntly.
Huntly Castle ist absolut sehenswert und darf nicht ausgelassen werden. Weiter, Oldmeldrum (Glen Garioch Distillery), Udny Castle nach Cruden Bay, dort an der Ostküste liegt New Slains Castle. Bram Stoker soll dort seinen „Dracula“ geschrieben haben, inspiriert vom alten Gemäuer.
Die riesige Ruine liegt direkt an der zerklüfteten Steilküste, Sicherungen Fehlanzeige!
In Deutschland undenkbar! Da hätte man das gesamte Gelände sicher schon mit Bauzaun abgesperrt.
Der etwa zwei Kilometer lange Fußweg vom Parkplatz wird sofort vergessen wenn man am Castle vorbei zwanzig Meter den Abhang hinunter läuft und direkt an der Küste neben der verfallenen Ruine dem Rauschen der Brandung lauscht. Von Lauschen konnte bei uns keine Rede sein, es war Sturm und die riesigen Wellen zerschellten knallend in den zerklüfteten Felsen.
Wie die Kinder durchstreiften wir dann das abenteuerliche Gemäuer und Stefan traute sich sogar auf einen der Türme, mit fehlenden Treppenstufen und ohne Brüstung und Geländer, um ein paar Fotos und Videos aufzunehmen.
Spätestens jetzt waren wir voll im Schottland-Rausch und fragten uns, was wohl an den anderen Tagen passieren soll, wo wir doch jetzt schon drei Tage über die paar Stunden Geschichten erzählen konnten.
Weiter an den nur ein paar Meilen nördlich gelegenen Bullers of Buchan! und Peterhead vorbei (muss man natürlich hin, wenn die schon ihr Dörfchen nach einem benennen! :-)) weiter zum „Rattray Head Lighthouse“.
Wenn ich gewusst hätte, auf welche Wegstrecke ich mich, vorbei an der romantischen Ruine der „St. Mary´s Chapel“ bis hin zum verlassenen „Rattray Head Eco Hotel“ einlasse, wäre ich wohl nicht hingefahren.
,Ich hatte keine engere Beziehung zu unserem Leihwagen, aber das war schon schmerzlich. Die Schlaglöcher zu zählen, war nicht nötig, einfacher waren die zwei geraden und glatten Schotterstücke von drei Meter Länge auf einem „Single Track“ ohne Ausweichstellen von etwa 2 Kilometer!
Naja, die Fotos im neuen Tasting rechtfertigen wohl die Strapaze für Vauxhall und Rücken. Oder wie Stefan mich immer wieder erinnern musste: „Wir sind hier nicht zum Spaß!“
Die schmalen und steilen (oft über 20%) Wege hinunter zum Wasser sind sicher nicht jederman`s Sache, aber ein Muss in Pennan!
Wir sind dem North-East Costal Trail weiter an die Nordküste gefolgt und fahren in dieses saisonbedingt verschlafene Fischerdorf, welches schon vielfach als Filmkulisse diente.
Eine Reihe kleiner, weiss angestrichener Fischerhütten mit blauen Fenstern quetscht sich an die Steilküste, während 10 Meter hohe Gischt über die Kaimauer bis an die Hausfassaden peitscht.
Wer bis eben noch kein Instagram-Video geteilt hat, jetzt ist die Zeit!
Die Kieselsteine rollen gurgelnd mit den Wellen hin und her und die Sonne, die zwischen den Wolken den Ort malerisch beleuchtet, tut das ihre für unvergleichliche Fotos und Videos.
Nur noch 45 Minuten Tag, also noch ein Abstecher nach Portknockie zum „Bow Fiddle Rock“.
Während die Sonne nur noch einen Finger breit über den weichen, grasbewachsenen Felsen steht, klettert Stefan, voller Tatendrang, als wäre es Vormittag halb zehn, in Felshöhlen und Schluchten, um das beste Foto des Tages aufzunehmen.
Mit Sonnenuntergang steigen wir ins Auto um 20 Minuten später, völlig fertig in Elgin anzukommen.
In Vorfreude auf Ale und Burger spazieren wir müde in die Innenstadt und beschließen den Wahnsinnstag, genau so!
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Am nächsten Morgen sind wir verkatert und haben „Rücken“, halt nichts mehr gewohnt! Kurzer Tankstopp für lächerliche 1,61€/L und ab in die Berge. Leider haben nicht alle Castles geöffnet und das Privat! Schild steht auch manchmal erst nach ein paar Minuten Fußweg, aber wir respektieren es natürlich. Wenn uns niemand sehen will, kommen wir auch schneller vorwärts als geplant und haben Zeit, bei strömendem Regen, auf den 268m hohen Berg mit „Dunnideer Castle“ zu klettern. Der grasige Untergrund ist unglaublich weich und angenehm zu laufen. Innen und außen nass, genießen wir den tollen Ausblick, weit über das stürmische verregnete Land, mit den Highlands am Horizont.
Sitzheizung an und weiter.
Vorbei an der „Ardmore Distillery“ und geschlossenen Burgen und Schlössern, heut ist wohl nicht unser Glückstag, geht es zum „Corgarff Castle“. Leider hat sich der Nieselregen minimal verstärkt und Stefan darf die Fotos alleine machen, während ich auf den Leihwagen aufpasse, man weiß ja nie!
Die Fahrt an den im Nebel liegenden, mit Heide bewachsenen Hügeln vorbei durch das Hochland lässt nur erahnen, was wir heute für spektakuläre Ausblicke verpassen. Die Straßen sind gut ausgebaut, bestehen aber praktisch nur aus Kurven, Wellen oder beidem und wenn Stefan das Fenster ein Stück öffnet, weiß ich, dass ich ein wenig vom Gas muss.
Über „Glenlivet“ fahren wir weiter nach Dufftown. In der sogenannten „Whisky-Hauptstadt der Speyside“ besuchen wir „Glenfiddich“ und „Balvenie“. Die gepflegten Brennereien müssen eine Vielzahl von Gärtnern haben, unsere Augen weiden sich eine Weile und da leider Führungen nicht möglich sind, fahren wir weiter Richtung Craigellachie. Kurz bevor es in den Ort geht, liegt links die „Speyside Cooperage“, wo alte Fässer aus aller Welt für die Whyskiproduktion wieder aufgearbeitet werden, leider geschlossen.
Macht nichts, Stefan geht einfach mal aufs Gelände und schießt ein paar spektakuläre Fotos. Tausende Fässer lagern, wie auf Halde, zu riesigen Bergen aufgestapelt, auf den nächsten Tropfen New-Make wartend.
Unweit der Craigellachie-Bridge (1814), auf der anderen Flussseite, liegt die Macallan Distilliery, deren gigantischen Lagerhäuser man schon von weitem erkennen kann. Von Understatement, in Schottland an der Tagesordnung, hat hier wohl noch keiner gehört.
Die 12 Pot-Stills und 24 Spirit-Stills sind hinter Glas eingebettet in ein gigantisches Besucherzentrum (100 Millionen) mit Whisky-Bar in der Mitte.
Ein kleiner Dram für schlanke 4800 Pfund? Kein Problem, es geht auch teurer!
Inhalt spielt da keine Rolle mehr, Marketing ist alles.
Stefan gönnt sich einen Dram 18 jährigen.
Für den Preis des Glases bekommt man in unserem Laden in Bürgel allerdings eine ganz respektable Flasche.
Beeindruckt und auf Flohgröße geschrumpft, verlassen wir kurz vor Ladenschluß die Bar, nicht ohne einen Blick in ein Fasslager der Extraklasse unter der Bar zu werfen, welches uns eine der wirklich immer und überall freundlichen Mitarbeiterinnen aufschließt, mit der wir ins Gespräch gekommen waren.
Na super! Jetzt sind wir noch kleiner! Die Fässer hängen kreisrund an den Wänden vom Keller bis zur Decke.
Wahnsinn! Fotos im Tasting!
Jetzt hilft nur eins, local Pub in Elgin! Laut! Zwanzig Meter lange Bar mit allem vom Faß was man so braucht und ganz „normalen“ Gästen. Bestellt wird an der Bar und gleich bezahlt. Bier nimmt man mit, Essen wird gebracht (Tischnummer ansagen!). Wir schreien uns an, machen die anderen auch. 120db sind wohl untertrieben, nur die schrillen kreischenden „Unterhaltungen“der Ladies stechen hin und wieder aus dem gleichmäßig unerträglichen Lärmpegel hervor.
Hier bleiben wir !!!
Wie immer holt einer von uns für beide Whisky, und der andere versucht wenigstens die Region rauszubekommen. Die Karte ist überschaubar und Stefan erhält 100 Punkte fürs Erraten eines der meistgetrunkenen Whiskys in Schottland.
„Famous Grouse“, ein Blend von „Glenturret“, bezahlbar, absolut trinkbar, also gleich nochmal!
Wir werden schon mal auf die morgen 20.00 Uhr stattfindende Gendenkminute vorbereitet, die zu Ehren der verstorbenen Queen stattfinden soll. Da sind wir natürlich dabei, Ehrensache!
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Am nächsten Tag geht es uns eigentlich ganz gut. Wir fragen uns beim Frühstück, ob wir uns wohl schon so schnell an die Sauferei … äh Arbeit gewöhnt haben und schauen schon mal auf der Karte, welche Destillen heute besucht werden.
Wir starten zeitig, kurz nach acht und halten bei “Glen Moray“. Ein Arbeiter begrüßt uns mit den Worten: „es ist niemand da, aber die Tür ist offen! Gehen Sie einfach rein“
Machen wir! In aller Ruhe fotografieren wir die Distillery, in Betrieb!, und fahren dann weiter zur „Pluscarden Abbey“, dem einzigen mittelalterlich Kloster in Großbritannien, das noch von Mönchen bewohnt ist.
Ich gebe zu bedenken, dass man hier vielleicht zum Sonntag nicht einfach so reinkann. Stefan wischt das mit einer kurzen Handbewegung und dem Hinweis auf die erste heute 3.30 Uhr stattgefundene Messe weg.
Die Mönche sind freundlich und anschauen ist kein Problem. Kleine Spende und weiter zu den weltlichen Dingen.
Miltonduff und zurück nach Elgin!
Die Elgin Cathedral, deren Anfänge im 13.Jhdt. liegen, ist noch menschenleer und als wir sie nach gefühlten 100 Fotos wieder verlassen, rollen die ersten Reisbusse an, wirklich so passiert! Spynie Castle liegt ein paar Minuten nördlich der Stadt. Da es nieselt bezahlen wir 5 statt 15 Pfund Eintritt! Wir überlegen, uns ein kleines Cottache zuzulegen, wo wir Tastings für unsere Reisegruppen machen und verwerfen wegen zunehmender Übermütigkeit die Idee gleich wieder.
Wir fahren Richtung Rothes und verplempern fast eine Stunde auf der Suche nach „Mannochmore“ bis wir checken, dass die zusammen mit Glenlossie auf dem gleichen Glände ist und von den selben Arbeitern betrieben wird. Die Karte auf dem Handy sagt halt nicht immer die genaue Adresse! Das die Brennereien an diesem Sonntag geschlossen haben, brauche ich sicher nicht zu erwähnen.
13.30 Uhr haben wir Termin bei „Glen Allachie“ zu einer „private Tour“, der Hammer!
Es ist Sonntag und der „Low-Wine“ der den nächsten Tag in die Brennblase kommt, darf nach sieben! Tagen Gährung erschnüffelt werden.
Die Besucher sind am Nachmittag überschaubar und so dürfen wir im Besucherzentrum unsere eigene Flasche befüllen, etikettieren und verkorken. Alles wird im Faßbuch festgehalten, Nr. der Flasche, Tag, Name – phantastisch, hier könnten wir den Tag super ausklingen lassen aber es geht weiter.
Herrliche „Single Tracks“, zum Glück mit wenig Gegenverkehr. Und wenn dann doch mal ein Fahrradfahrer entgegenkommt, fährt er zur Seite, entschuldigt sich freundlich und weiter gehts. Also fast wie bei uns zu Hause! Unglaublich!
Nächster Stop ist „Ballindalloch Castle“, ein gut situierter älterer Herr in Tweed kassiert an einem kleinen Häuschen, bevor sich der malerische Weg hinunter zum Castle schlängelt. Sportliche 17,5 Pfund Eintritt, pro Person versteht sich, sind jeden Penny wert.
Wir müssen den Rasen anfassen um ihn von Teppich zu unterscheiden (wirklich passiert!).
Im Schloß, welches etwa 6 Monate im Jahr zu besichtigen ist, wohnt die Familie Macpherson-Grant und das schon seit fast 500 Jahren! Man durchstreift deren Privatgemächer, Schlaf- und Ankleidezimmer, Jagdzimmer, Säle und Bibliotheken und das einzige Zimmer bei dem wir Mitleid empfinden ist das der Gouvernante, gleich neben dem üppig ausgestatteten Kinderzimmer. Hier ist der Vergleich mit einer Gefängniszelle durchaus angebracht. Besser also man gehört zur anderen Seite!
Zurück gehts nach Elgin und weiter Richtung Norden. 10 Minuten, dann kommt Lossiemouth in Sicht. Ein typisches Küstenstädtchen mit Urlaubern an der Promenade und Surfern am Strand. Waren wir nicht vor einer halben Stunde noch in den Bergen???
Uns wird klar, wir müssen wiederkommen. Es gibt noch unglaublich viel zu sehen (und zu verkosten).
Pünktlich zur Schweigeminute sind wir im Pub und trauern nicht nur der Queen sondern auch schon den Tagen hinterher, die wie im Fluge vergehen.
Kurz nach acht geht es wieder Richtung Ostküste.
Auf dem Weg nach Aberdeen machen wir einen Abstecher zu den Mortsafes in Cluny, nahe des gleichnamigen Castles, welches leider nicht zugänglich ist. Uns ist schon etwas sonderbar als wir die Fotos auf dem einsamen Friedhof machen.
Am Wegesrand gäbe es noch so viel zu sehen aber die Uhr tickt. Unterhalb von Aberdeen bei Stonehaven liegt, fast schon im Meer, „Dunnottar Castle“. Das muss man gesehen haben! Touristen gibt es reichlich aber noch erträglich. Leider ist wegen der Beerdigung der Queen geschlossen.
Um uns keine weiteren Absagen zu holen, geht’s jetzt fast geradewegs über Dundee nach Edinburgh.
Wir checken in „unserem“ Hotel ein und machen uns mit dem Bus auf in die Innenstadt.
Der Vorplatz zu Edinburgh Castle ist noch mit den Tribünen vom Military Tatoo verbaut, Die wenigen Einheimischen und Besucher schlendern, bei herrlichem Sonnenschein, melancholisch durch die City und gedenken der Königin.
Wir stärken uns in unserm Lieblingspub „George IV“ und versuchen danach halbherzig in der Stadt noch ein paar Fotospots abzuarbeiten. Wir sind irgendwie schon zu geschwächt und verlegen die letzte Energie des Tages darauf, das beste gepumpte Ale der Stadt aufzuspüren.
Die Versuche werden intensiviert, bis wir, wegen Feueralarm, alle aus einem Pub in der „Royal Mile“ fliegen.
Genau so passiert und natürlich ein Zeichen!
Also Schluß mit Arbeiten! Hotel! 4 Stunden Schlaf! Flughafen! Und Tschüß!
An der ersten Kreuzung am BER hupt jemand neben uns und wir wissen, dass wir wieder in Deutschland sind.
Unvergessliche Tage von denen wir Euch bei unseren nächsten Tastings ausführlich berichten. Wir freuen uns schon auf die kommenden Wochenenden um unser geliebtes Schottland ein wenig in den Brennraum der Töpferei zu verlegen….
Das Tasting
Ab November könnt ihr bei unserem neuen Tasting „ExSPEYdition – eine Reise durch Schottlands Nordosten“ daran teilhaben.
In der Zwischenzeit besucht uns gern im Laden, wir haben einige neue Tropfen aufgespürt. So gibt es ab jetzt seltene Flaschen von „The Stillman“, einem kleinen unabhängigen Abfüller mit Fässern auf Islay! Die eine oder andere Flasche ist offen!
Übrigens gibt es dieses Jahr noch eine kleine Überraschung. Ich verrate hier aber noch nicht, was bald im Laden zu haben sein wird.
Bleibt schön neugierig!
Bis dahin seid herzlichst gegrüßt!
Weitere Tastings aus dieser Reihe folgen …
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